Gewaltlosigkeit in der Nachfolge

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Matthäus 10,16

Donnerstag 25.1.2024 – Der Fokus: Matthäus 10,1-16 Die Aussendung der zwölf JüngerMatthäus 10,16Schlauheit in der Nachfolge / Gewaltlosigkeit in der Nachfolge - Anselm Grün GRÜWZL 58

Als Schaf unter Wölfen - die auch Christen sein können -, mit dem Instinkt der Schlange und der Lauterkeit der Taube leben und sie lieben lernen, dass sie auch geniale Schafe werden wollen

Der Lebensstil:

Matthäus 10,16 Seht, ich sende euch wie Schafe mitten unter Wölfe. Seid deshalb klug wie die Schlangen und aufrichtig wie die Tauben. 

Als Schafe unter Wölfen sind die Christen wehrlos der Gewalt von aggressiven Menschen presigegeben. Sie sollen sich nicht wehren. Doch Jesus lässt sie in die Situation trotzdem nicht ohne Schutz. Er fordert sie zur Klugheit und zur Arglosigkeit auf. Das scheint sich zu widersprechen, und die meisten der christlichen Ausleger haben sich auf die Arglosigkeit und Lauterkeit der Taube gestürzt. Das entspricht eher dem Ideal: ohne Nebenabsichten, ohne Verunreinigung durch die Aggressionen der Gegner  in der Reinheit des Herzens zu leben. Doch Jesus verweist uns auch auf die Klugheit der Schlange. Origines deutet die Klugheit der Schlange so, dass die vom Menschen angegriffene Schlange sich zusammenrollt und ihren Kopf schützt. So soll der Christ seinen Kopf, den Glauben schützen. Doch die Schlange ist seit jeher Symbol für die Weisheit der Natur und für die Sexualität. Bei den Juden war sie Urbild der Sünde, bei anderen Völkern Symbol für Lebenserneuerung und Lebensenergie. Jesus verwendet dieses im Judentum eher negative Symbol positiv. Die Christen sollten klug wie die Schlangen sein. Sie sollen in Berührung sein mit ihrer Vitalität, mit der Weisheit der Natur, mit der Energie ihrer Sexualität. Sie sollen sich nicht nur von hohen Idealen leiten lassen, sondern aus der Weisheit der Instinktwelt heraus leben, aus der natürlichen Schlauheit der Schlange. Wer mit sich selbst im Einklang ist, der muss sich nicht gegen jeden Angriff verteidigen. Er entzieht sich wie die Schlange dem, der ihn angreifen möchte. Wir fühlen uns ja immer dann angegriffen, wenn jemand etwas anspricht, was wir bei uns nicht selbst annehmen können. Wer alles in sich, auch das Schlangenhafte, mit dem reinen Auge der Taube ansehen kann, für den ist alles rein. Er vermag unter Wölfen zu leben, ohne von ihnen zerrissen zu werden. Ihre Aggressionen können ihm nichts anhaben. Anselm Grün aus „Jesus – Wege zum Leben“ Seite 58

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Kolosser 2,15

Dienstag 26.4.22 – SONNTAG QUASIMODOGENITI – Der Predigttext: Kolosser 2,12-15 Kolosser 2,15 – Pfarrer Dr. Alexander Kupsch, Balingen – Gewaltlosigkeit in der Nachfolge - Ein feste Burg ist unser Gott … - Die Chronik: Der UkrainekriegUkrainekrieg: Die Hintergründe und die Geschichte der russischen Invasion

Sich selbst durch Christus von Selbstermächtigung zunehmend vollständig entkleiden lassen, um wie Jesus zu seiner Zeit – mit ihm auferstanden - früher oder später zu erleben, dass die großen und kleinen Machthaber entweder sich auch entkleiden zu lassen oder gerichtet zu werden 

Die Orientierung:

Kolosser 2,15 »Er hat die Mächte und Gewalten ihrer Macht entkleidet und sie öffentlich zur Schau gestellt und über sie triumphiert in Christus.“  

Entkleidete Mächte – das klingt ein wenig nach dem nackten Kaiser im Märchen. Und tatsächlich, so weit sind diese beiden Texte gar nicht voneinander entfernt. In beiden geht es um Mächte und Gewalten. Im Märchen ist die Macht der eitle Kaiser, um den herum der ganze Hof einen Eiertanz aufführt. Bei den Christen in Kolossä ging es um himmlische Mächte, um kosmische Kräfte, vor denen die Menschen sich fürchteten. Sie glaubten daran, dass man mit den Elementen Feuer-Erde-Wasser-Luft in Einklang leben müsste, sonst drohten Schicksalsschläge. Es klingt ein wenig abergläubisch, aber die Angst vor den Mächten des Kosmos ist für die Christen damals nicht weniger real als unsere Angst davor, krank zu werden, einen geliebten Menschen zu verlieren, beruflich zu scheitern oder einsam zu sein. Und weil wir Menschen sich vor Mächten und Gewalten fürchten, versuchen wir sie, sie zu besänftigen. Dadurch, dass wir auf unsere Ernährung achten, dass wir Fleisch und unreine Pflanzen nicht essen, dass wir fasten, dass wir uns am Lauf der Sterne und des Mondes ausrichten, dass wir neben Gott auch Engelwesen verehren. Aus Angst vor der Macht der himmlischen Kräfte werden auch wir Christen unfrei, wir zwingen uns selbst einen Lebensstil auf, in dem sich alles um die Selbstdisziplin dreht, nach dem Motto: Wer sich selbst unter Kontrolle hat, muss die unkontrollierbaren Lebensmächte nicht fürchten – oder wenigstens nicht so sehr. Wer seine Ernährung, sein Zeitmanagement, sein Verhalten diszipliniert, der hat Chancen, den Unwägbarkeiten des Lebens zu entgehen.

Die Antwort des Kolosserbriefs ist eindeutig: Wer so lebt, der hat Ostern verpasst. Wer sich so einengen lässt und seine Freiheit der Furcht unterwirft vor dem, was kommen kann im Leben, der hat noch nicht wirklich verstanden, was die Auferstehung Jesu bedeutet. Denn die Auferstehung ist nicht irgendein erstaunliches Wunder, sie ist auch mehr als die Hoffnung auf ein Leben nach dem Tod. Die Auferstehung ist ein Machtbeweis: Gott hat die Macht auf Erden, niemand sonst, kein Kaiser und kein König. Gott hat die Macht, keine Engel und keine Elemente, keine Krankheit und keine Konstellation der Sterne, kein Schicksal und kein Chef. „Jesus Christus ist Sieger!“ So hat es der Theologe Johann Christoph Blumhardt gesagt, und er hat damit gemeint: Was auch immer in dieser Welt groß und mächtig erscheint, Christus ist größer. Was auch immer uns zu überwältigen droht, Christus ist stärker.

Wenn wir in diesen Tagen in Richtung Ukraine blicken, stellt sich allerdings die Frage: Gilt Ostern auch dort? Was ist mit den entkleideten Mächten und Gewalten, wenn unschuldige Menschen getötet und Kinder vertrieben werden? Wo ist der Sieger Christus in Mariupol und Kiew? Mit einem kindlichen Lachen über die entkleideten Mächte ist es da nicht getan.

Wenn wir ehrlich sind, müssen wir zugeben: Da sind Mächte und Gewalten am Werk, die nicht nur Angst machen, sondern Zerstörung anrichten. Da sind Menschen an der Macht, die anderen ihren Willen aufzuzwingen versuchen mit Rücksichtslosigkeit und Gewalt. Was hilft da unsere christliche Osterbotschaft? Was hilft da das Wort vom Auferstandenen? Trotz Ostern gibt es Krieg. Trotz der Auferstehung leiden Menschen und sterben Menschen.
Doch wenn es wahr ist, was der Kolosserbrief sagt; wenn Gott wirklich die letzte Macht in seiner Hand hat und keiner sonst, dann müssen die Gewalttäter sich hüten, denn ihre Macht ist nur eine eingebildete Macht. Wenn Christus Sieger ist, dann werden alle Tyrannen fallen, früher oder später. Wir haben es in unserer eigenen Geschichte erlebt: Ein Tyrann, der von einem ewigen Reich deutscher Nation fantasiert hat – nach zwölf Jahren an der Macht lag er tot in einem Bunker inmitten einer verwüsteten Stadt. Größenwahn rächt sich, und die Ungerechtigkeit, die auf dem Weg geschieht, bleibt nicht ungestraft.

»Der Kaiser ist nackt!« Es bleibt die Wahrheit, auch wenn die Welt noch unter den Machtphantasien leidet. Christus ist Sieger, und die Gewalten sind schon entthront! Wir brauchen nur Mut, es auszusprechen und daran festzuhalten: „Er hat die Mächte und Gewalten ihrer Macht entkleidet und sie öffentlich zur Schau gestellt und über sie triumphiert in Christus.“ (Kolosser 2,15) Pfarrer Dr. Alexander Kupsch, Balingen aus seiner Predigt zum SONNTAG QUASIMODOGENITI 2022

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Lukas 10,3 / Johannes 1,19

Donnerstag 3.3.2022 – Der Fokus: Lukas 10,1-12 Die Aussendung der 72 Jünger - Lukas 10,3 / Johannes 1,19 Gewaltlosigkeit als Nachfolge / Jesus als das Lamm Gottes - Rainer Dick

Das Wesen von Jesus zunehmend als Lamm Gottes übernehmen, im Alltag und während der Überbringung des Evangeliums, jegliche Form von Gereiztheit oder Aggression unterlassen zu können 

Der Lebensstil:

Johannes 10,3 Geht! Ich sende euch wie Lämmer unter Wölfe. / Johannes 1,29 Am nächsten Tag sah Johannes Jesus auf sich zukommen und sagte: "Seht, das ist das Opferlamm Gottes, das die Sünde der ganzen Welt wegnimmt.“

Jesus sendet seine Leute in die Welt, die gute Nachricht von Gottes Liebe unter die Leute zu bringen. Und gleichzeitig stellt er ihnen in Aussicht, dass sie gefressen werden. Man muss schon ein selten dummes Schaf sein, um sich auf dieses Geschäft einzulassen. Dabei redet Jesus von nichts anderem als von dem, was sich tagtäglich in unserer Welt ereignet: Die Nachfolger von Jesus Christus dürfen ihre Botschaft auf keinen Fall mit Gewalt durchsetzen. Sie müssen sich häufig selbst der Gewalt aussetzen. - Jesus sendet seine Leute als Lämmer. Sie können zur Beute werden. Sie haben mit ihren armseligen Stimmen die gute Nachricht zu blöken. Sie haben nicht die Aufgabe, mit den Wölfen zu heulen. Nur als Lämmer entsprechen sie ihrem Herrn. Denn der ist „das Lamm Gottes, das die Sünde der Welt wegträgt“ (Johannes 1,19). Er kommt ums Leben und schafft damit ewiges Leben für die, die an ihn glauben. - Christen haben nicht zu erwarten, dass man sie mit Glace-Handschuhen anfasst, wenn sie Menschen die Liebe Gottes übermitteln. Viel eher müssen sie mit bissigen Kommentaren, knurrender Abwehr und frontalen Angriffen rechnen. Manchmal erleben sie, dass andere in Rudeln über sie herfallen. Kein Grund, mit gleichen Waffen zurück zu schlagen. Wir wissen doch von uns selbst, wie wir Jesus und sein Angebot belächelt, abgelehnt, angezweifelt und bekämpft haben. Und wir wissen auch, wie Jesus uns mit seiner vergebenden Liebe überwunden hat. Wir sind die Nachfolger von Jesus. Seine Art soll unsere Art werden. Sein Leben soll unser Leben prägen. Ich bitte Gott darum, dass er mich so verändert. Rainer Dick aus seinem Wort zum Tag ERF